Praxis für Psychotherapie
                                   Dr. Wiedenmann

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In der verhaltenstherapeutischen Tradition geht man davon aus, dass die Entstehung einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung immer durch viele verschiedene Faktoren, also multifaktoriell, zustande gekommen ist. Oft wird ein sogenanntes „bio-psycho-soziales Erklärungsmodell“ zugrunde gelegt. Das heißt, dass sowohl genetische und somatische (körperliche) als auch psychische und soziale Bedingungen zur Krankheitsentwicklung beigetragen haben. Dieser Erklärungsansatz gilt im Übrigen auch für die meisten „ausschließlich somatischen“ Erkrankungen.

In der Verhaltenstherapie betrachten wir gemeinsam mit dem Patienten seine aktuellen Beschwerden und Symptome sowie die lerngeschichtliche Entwicklung, um sein individuelles „bio-psycho-soziales Erklärungsmodell“ zu erstellen. Dabei zeigen sich sowohl gesundheitsfördernde und schützende, also funktionale Faktoren, als auch dysfunktionale, sprich krankheitsfördernde bzw. gesundheitsgefährdende Faktoren. Letztgenannte dienen natürlich keinem möglichst gesunden, zufriedenen und glücklichen Leben.

Bei den krankheitsfördernden bzw. gesundheitsgefährdenden Faktoren unterscheidet man zwischen Prädispositionen (oft auch Diathese, Anfälligkeit oder Vulnerabilität genannt), auslösenden Bedingungen und aufrechterhaltenden Bedingungen:  

Prädispositionen sind vorexistierende genetische, somatische, psychische oder soziale Merkmale, die das Auftreten einer psychischen Störung wahrscheinlicher machen. Sie bilden die individuelle Vulnerabilität. Zwar kann rein theoretisch jeder Mensch eine Depression, Alkoholabhängigkeit, o.ä. entwickeln, aber manche Menschen sind anfälliger dafür als andere. Sie kennen diese sogenannte Wahrscheinlichkeit auch von der „berühmt-berüchtigten Erkältungswelle“, die jedes Jahr kursiert. Manche Menschen bekommen selten eine Erkältung, obwohl die gesamte Umgebung betroffen ist, während andere fast jedes Jahr eine Woche „flach liegen“.

Auslösende Bedingungen sind die psychischen, somatischen und sozialen Bedingungen (Erlebnisse, Ereignisse, Situationen), die auf dem Boden der individuellen Anfälligkeit dann die Störung(en) verursachen. Bleiben diese Bedingungen bestehen, dann halten sie außerdem die Störung weiter aufrecht.  

Aufrechterhaltende Bedingungen können dysfunktionale Reaktionen der Umwelt oder des Betroffenen sowie anhaltende Belastungen sein. Sie verhindern die Reduktion der Symptomatik und Beschwerden, die zu einer Störung geführt haben.

Gesundheitsfördernde Bedingungen können das Auftreten einer Störung verhindern oder verzögern bzw. zur Genesung beitragen.

Nachdem die individuelle Störungsentwicklung mit ihren prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen erarbeitet wurde, wird gemeinsam festgelegt, welche persönlichen Aspekte im Denken, Fühlen, Erleben und Handeln verändert werden sollten. Dabei erfolgt auch immer ein Rückgriff auf bereits funktionale, also gesundheitsfördernde Bedingungen. Dadurch soll das Leiden gelindert, also die Symptome und Beschwerden gebessert und möglichen Rückfällen vorgebeugt werden. Die Basis dafür bildet die menschliche Fähigkeit des lebenslangen Lernens. Wenn die Therapieziele gemeinsam festgelegt worden sind, kann die „Therapie beginnen“.

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